F1-Tornado in Barenthin (Brandenburg)

am 10. November 2017


Kurzbeschreibung:

 

Am 10.11.2017 zog gegen 16:50 Uhr Ortszeit ein Tornado durch das Dorf Barenthin im Landkreis Prignitz, Land Brandenburg. Durch eine Vor-Ort-Erkundung und Analyse der Schäden konnte ein F1-Tornado bestätigt werden.

 

Barenthin village (Prignitz County) in Brandenburg state has been hit by a tornado on 10th November 2017 around 16:50 CET (1550 UTC). Site survey and damage assessment confirmed a tornado showing F1 intensity.


Ereignis- und Umgebungseigenschaften:

 

Datum: 10.11.2017

Zeitpunkt: gg. 16:50 MEZ (1550 UTC)

Ort: Barenthin

Landkreis: Prignitz

Bundesland: Brandenburg

 

Ereigniseigenschaften:

 

Tornado-Intensität: F1 / F1 T3 [~150 km/h - ~180 km/h]

Tornadoart: nicht-mesozyklonal

Zugbahn (Länge): 1.2 km

Zugbahn (Breite): 90 m (max.)

Zugbahnverlauf: W-E/ENE

Koordinatenpunkt: 52.922N 12.235E

Gemittelte Geländehöhe: 49 m üNN

Geländehöhenunterschied: <10 m

Betroffene Bereiche: Häuser / Wirtschaftsgebäude, Bäume

 

Übergeordnete Situation: Schauerwetter mit stürmischen Böen aus Nordwest

Entstehung: möglw. an einer Konvergenzlinie während eines Schauers


Karte:

Karte: OpenStreetMap / Lizenz: ODbL. Kartierung: T.Kühne.


Beschreibung der Schäden und der Zugbahn:

 

Die Regionalzeitung Märkische Allgemeine Zeitung berichtete am 12. November 2017 von einem Tornado (bezeichnet als Windhose), welcher durch das Dorf Barenthin im Landkreis Prignitz, Land Brandenburg, gezogen sei. Der Ort befindet sich ca. 11 km westl. von Kyritz bzw. 90 km nordwestl. von Berlin. Mehrere Augenzeugen beschrieben einen starken Lärm, ähnlich eines Flugzeugs, und bemerkten auch Trümmermaterialien, welche durch die Luft gewirbelt wurden. Das Ereignis selbst wurde als sehr kurzlebig und plötzlich auftretend beschrieben.

Die durchgeführte Vor-Ort-Erkundung am 14. November 2017 ergab, dass eine deutlich ausgeprägte Schadensspur entlang des Südrandes des Dorfes in östlicher bis ost-nordöstlicher Richtung zu verzeichnen war. Der Beginn der Schadensspur konnte ca. 200 Meter östlich des Dorfes festgestellt werden. Hier traten vereinzelt Vegetationsschäden auf. Zwei Solitärbäume wurden entwurzelt bzw. teil-entastet und Schäden an windwiderständiger Kleinvegetation (Buschwerk) zeigten ebenfalls Entwurzelungen, was auf eine starke Windeinwirkung direkt an der Bodenoberfläche hinweist (zT. auch als Tornadoindiz wertbar).  Am Ortseingang wurde ein Wirtschaftshof mitsamt Wohngebäude getroffen. Die Schäden beliefen sich auf Dachschäden, welche zum größten Teil aus fortgerissenen Dachplatten (Wellethernitplatten) und Dachteerpappe bestand (F0 T1 bis F1 T2). Direkt dahinter in Richtung des Schneisenverlaufs wurden einzelne Bäume beschädigt und zum Teil entwurzelt. Die Fall- und Verfrachtungsrichtungen zeigten an, dass Vegetationsmaterial auch in Richtung Nord verteilt wurde, d.h. es konnte eine deutliche linksseitige Verfrachtung mit einer Winkelabweichung zum Schadensverlauf von 90° festgestellt werden. Dieses Bild zeigte sich auch bei weiteren Baumschäden im weiteren Verlauf des Schadensareals, wobei das gesamte Verfrachtungsfeld in seiner maximalen Ausprägung von SO nach N eine Winkelauffaltung von ca. 140° zeigte. Im Bereich der Landstraße K7001 wurde ein ehemaliges Speichergebäude zum Einsturz gebracht. Die Vor-Ort-Erkundung ergab, dass es sich um ein sehr altes und baufälliges Gebäude handelte und daher davon ausgegangen werden muss, dass der Kompletteinsturz nicht allein der Windeinwirkung des Tornados zugeschrieben werden kann. Ein Wohngebäude am Wiesenweg zeigte Dachschäden (F1 T2-T3) und im Bereich einiger Hinterhofgrundstücke der Lindenallee konnten an zwei weiteren Scheunen Dachschäden kleineren Ausmaßes (F1 T2) festgestellt werden. Östlich des lokalen Friedhofs entlang des Weges Am Dom wurde ein Wirtschaftsunterstand stark beschädigt und Teile der Westseite des Gebäudes (Holz) auseinandergerissen und teilweise über bzw. auf das Gebäude verfrachtet. An der Rückseite des Gebäudes wurden die Holzwände durch den Winddruck herausgedrückt. Die Gesamteinschätzung der Tornado-Intensität für diese Gebäude konnte mit maximal F1 T3 bewertet werden. Zwar zeigten die äußeren Holzrahmen und Baumaterialien strukturelle Schwäche, doch innere stützende Balken, die am Westteil des Gebäudes ebenfalls ausgerissen und gebrochen wurden, konnten als gut verbaut eingeschätzt werden, worauf sich die Einstufung in F1 T3 maßgeblich begründet. Im weiteren Verlauf zeigte eine weitere Scheune leichte Dachschäden (F0 T1). Der Schadenspfad endete im Bereich des Schönemarker Wegs.

 

Zum Zeitpunkt des Ereignisses (gegen 16:50 Uhr Ortszeit) zog eine Schauerlinie über den Ort. Da dieses Ereignis laut LLR nicht an eine mesozyklonale Gewitterzelle gebunden war und wahrscheinlich entlang einer Konvergenz an der Schauerlinie entstand, ist der Tornado als nicht-mesozyklonal zu bewerten.


Radarbild:

IRAS_BasicCII: Low Level Reflectivity. Mit freundlicher Genehmigung von Skywarn Deutschland e. V.



Weiterführende Informationen:

 

  • Tornadoliste Deutschland

© Tornado-Arbeitsgruppe Deutschland e. V.